Ein dunkelblaues Rollstuhlsymbol ist in der Mitte der Abbildung vor grauem Hintergrund. Den Reifen des Rollstuhl schmücken 12 Sterne. In der Mitte steht EAA.

Der European Accessibility Act – Und seine Bedeutung für die PDF-Barrierefreiheit

geschrieben von
Lisa Huber
veröffentlicht

Als Meilenstein für die Digitale Barrierefreiheit gilt der „European Accessibility Act“. Dieser umfasst EU-weite Mindestanforderungen an die (digitale) Barrierefreiheit. Aber was genau ändert sich für Unternehmen? Was bedeutet das in Zukunft für Ihre PDFs? 

Was ist der European Accessibility Act? 

Bei dem European Accessibility Act, oft EAA abgekürzt, handelt es sich um die EU-Richtlinie „2019/882“, die im Juni 2019 verabschiedet wurde und sich mit Digitaler Barrierefreiheit befasst. Seither ist etwas Zeit vergangen und die einzelnen EU-Mitgliedstaaten haben die Richtlinie in eigene nationale Gesetze übertragen. Im Fall von Deutschland ist es das „Barrierefreiheitsstärkungsgesetz“ (BFSG). Grundsätzlich gibt es für den öffentlichen Bereich schon seit einer Weile ähnliche Bestimmungen. Das Besondere an dem EAA: Damit werden Standards der Digitalen Barrierefreiheit nun zusätzlich auf die Privatwirtschaft ausgeweitet. 

Wer ist betroffen? 

Die Schwerpunkte der Richtlinie liegen klar auf der Privatwirtschaft und der Mobilitätsbranche. Betroffen sind fast alle, die sich im digitalen Raum oder innerhalb der technischen Infrastruktur bewegen, dort auf etwas zugreifen oder etwas anbieten. Das sind demnach auf der einen Seite Verbraucher*innen, auf der anderen Seite Händler*innen, Hersteller*innen und Dienstleistungserbringer*innen.

Welche Produkte und Dienstleistungen sind Teil des EAA?  

Der European Accessibility Act regelt konkret, was in Zukunft barrierefrei gestaltet sein muss. Wie folgenreich die Richtlinie ist, wird besonders deutlich, führt man sich den riesigen Geltungsbereich vor Augen.

Ein Ausschnitt:

  • Online Handel bzw. E-Commerce
  • Bankdienstleistungen (z.B. Online Banking)
  • Elektronische Kommunikationsdienste (z.B. Internetanbieter und deren Servicestellen)
  • Personenverkehrsdienste (z.B. Bahn, Bus, Flug, Schiffsfahrt)
  • Selbstbedienungsterminals (z.B. Geldautomaten, Ticketautomaten, Check-In Automaten)
  • Dienste für audiovisuelle Mediendienste (z.B. Streaming-Portale)
  • Hardwaresysteme und Betriebssysteme
  • E- Books und E-Book-Lesegeräte

Wie viel Zeit bleibt für die Umsetzung? 

Als Stichtag gilt der 28. Juni 2025. Bis dahin müssen die oben benannten Bereiche barrierefrei gestaltet sein und Selbsteinschätzungen der Unternehmen vorliegen. Teilweise haben die Länder jedoch unterschiedliche Übergangsfristen festgelegt. In Deutschland dürfen Geräte, die vor 2025 angeschafft worden sind, z.B. bis 2030 weiterverwendet werden, Selbstbedienungsterminals wie Ticketautomaten sogar bis zum Ende ihrer wirtschaftlichen Nutzungsdauer. 

Und was passiert mit PDF-Dokumenten? 

Obwohl man sie oft gar nicht im Blick hat: Vieles im oben genannten Geltungsbereich (und anderswo) funktioniert heute mit und über PDF-Dokumente. Wer in einem Online-Shop etwas bestellt, erhält eine E-Mail mit einer Rechnung im PDF-Format, Betriebsanleitungen werden oftmals als PDF zum Herunterladen zur Verfügung gestellt. Ein anderes Beispiel wären Online-Tickets für Konzerte oder Kinobesuche. Was sagt der European Accessibility Act dazu? 

Explizit werden PDF-Dokumente im EAA direkt nicht genannt. Ignorieren wäre aber keine gute Idee! Wie häufig auf EU-Ebene ist der EAA nur der bisherige Endpunkt einer ganzen Kette von Voraussetzungen und Verordnungen.

Wer es genauer wissen möchte: Im Amtsblatt, das mit dem EAA veröffentlicht wurde, wird in Absatz 46 erwähnt, dass „die Barrierefreiheitsanforderungen […] an die Anforderungen der Richtlinie (EU) 2016/2102 angeglichen werden“. Diese Richtlinie ist dem European Accessibility Act vorangegangen und bezieht sich auf die Online-Anwendungen von öffentlichen Stellen. Bereits hier werden Anforderungen der WCAG paraphrasiert. Zudem wird in der oben genannten Richtlinie 2102 Bezug auf die Europäische Norm DIN EN 301 549 genommen. Spätestens hier ist der Zusammenhang zwischen WCAG und EU-Norm nicht mehr zu übersehen: Das gesamte Kapitel 10 in EN 301 549 beschäftigt sich mit „Non Web Documents“, mit explizitem Verweis auf die WCAG. Um diese erfüllen zu können, ist bei PDF-Dokumenten PDF/UA die technologische Voraussetzung.  

Der Sprung von EN 301 549 zurück auf die ‚deutsche‘ Auslegung des EAAs (dem BFSG) wird auf der Seite des Informationstechnikzentrum Bund übrigens ebenfalls sehr deutlich. Hier wird explizit erwähnt, dass die „technischen Anforderungen“ von der Norm „DIN EN 301 549“ abgeleitet werden. 

Fazit: 

Mit dem European Accessibility Act muss PDF-Barrierefreiheit in Zukunft immer mitgedacht werden. Auch wenn man auf den ersten Blick etwas Anderes vermuten könnte, sind der Rahmen und die Voraussetzungen über eine Kette von Richtlinien und Normen konkret festgelegt. Die Antwort auf die Grundfrage des Artikels lautet deshalb: Wer zum Geltungsbereich gehört und mit seinen Produkten oder Dienstleistungen barrierefrei unterwegs sein muss, kommt an PDF/UA nicht vorbei.

Hoffentlich konnten wir mit diesem Blogeintrag etwas Klarheit schaffen. Falls doch noch Fragen offen geblieben sind: Schauen Sie gerne bei unserer Community vorbei! Dort findet sich mit Sicherheit jemand, der eine gute Antwort auf Lager hat. 
Hier geht es zur Community:  axes4-Community

Hier gibt es außerdem noch ein paar hilfreiche Links zum Weiterlesen:
Portal Barrierefreiheit - Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (bund.de)

European Accessibility Act: Barrierefreiheit für Unternehmen, EU Richtlinie 2019/882 (european-accessibility-act.de)

https://tu-freiberg.de/webportal/barrierefreiheit-richtlinie-eu-20162102

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