Back to the Basics - ein Gespräch mit einem blinden Menschen, der online unterwegs ist
Wieso ist Dokumentbarrierefreiheit so wichtig - aus Sicht einer betroffenen Person? Wie klingt eine Barriere? Und wo gibt es noch massiven Aufholbedarf? Im Video gibt Aleksander Pavkovic interessante Einblicke. Was wir daraus mitgenommen haben:
Wieso ist Barrierefreiheit im Netz eigentlich so wichtig?
Unter dem Begriff Barrierefreiheit können sich mittlerweile fast alle Menschen etwas vorstellen. Eine wichtige Voraussetzung für öffentliche Gebäude ist beispielsweise ein barrierefreier Zugang, wie eine Rampe für Rollstuhlfahrer*innen oder ein Aufzug, damit alle Menschen sämtliche Stockwerke im Gebäude erreichen können. Auch Behinderten-WCs und Behinderten-Parkplätze sind im Alltag recht geläufig.
Doch wie sieht digitale Barrierefreiheit aus? Das Konzertticket, Fahrpläne oder der Kontoauszug, selbst der Beipackzettel eines Medikaments, heutzutage liegt fast alles im PDF-Format vor. Doch gerade da begegnen blinde und sehbehinderte Menschen alltäglich digitalen Barrieren. Denn fast jedes Dokument zum Herunterladen in der Privatwirtschaft ist in der Regel nicht vollständig barrierefrei und weist zahlreiche Barrieren auf. Umso wichtiger ist es durch barrierefreie PDFs verlässlichen Zugang zu Informationen zu schaffen.
Equal Access, also gleicher Zugang für alle, ist ein essenzieller Teil einer vollständigen Inklusion. In Bereichen wie Social Media (Twitter, Facebook und Co.) ist es quasi unmöglich für eingeschränkte Nutzer*innen alle Nachrichten mitzuverfolgen. Denn fast 100% der auf Twitter geteilten Bilder haben keinen Alternativtext. Alternativtexte sind Bildbeschreibungen, die kurz und prägnant das Visuelle wiedergeben. Sind diese auf Social Media nicht vorhanden, macht es das schwer für betroffene Nutzer*innen mitzureden.
Blicken wir in den Bereich Behörden und öffentlicher Dienst ist schon etwas mehr Barrierefreiheit vorhanden. Diesbezüglich tut sich was! Doch auch hier ist Luft nach oben. Im öffentlich-rechtlichen Raum ist das Bewusstsein für digitale Barrierefreiheit größer als zum Beispiel im privat-wirtschaftlichen Bereich. Die Erklärung zur Barrierefreiheit muss vorhanden sein, doch häufig ist die Umsetzung von digitaler Barrierefreiheit trotzdem noch nicht oder nur halb gegeben. Denn oftmals steht in der Barrierefreiheitserklärung „wir arbeiten dran“. Das hilft betroffenen Personen natürlich in diesem Moment nicht weiter.
Durch assistive Technologien wie Screenreader ist es zwar möglich, als betroffene Person selbst den Zugang zu vielen Dingen zu schaffen. Doch wenn die Dokumente nicht barrierefrei sind, gehen auf diesem Weg viele Informationen verloren, Angebote lassen sich nur halb oder gar nicht nutzen. Digitale Barrierefreiheit steht eben auch für equal access. Es reicht nicht Menschen mit Einschränkungen nur die notwendigsten Informationen zur Verfügung zu stellen. Denn barrierefrei ist ein Dokument erst dann, wenn der gleichwertige Zugang zu allen Inhalten möglich ist.
Wie sehen Barrieren in einem Dokument aus?
Aber wie hört sich eine Barriere für einen blinden Menschen eigentlich an? Aleksander Pavkovic zeigt anhand einer Rechnung wie sein Screenreader eine nicht-barrierefreie und eine barrierefreie Version des gleichen Dokuments behandelt. Der Unterschied, der von außen gleich aussehenden Dokumente wird beim Anwendungsfall ziemlich deutlich. In der nicht-barrierefreien Version der Rechnung ist es nicht möglich zu navigieren. Das heißt, das Dokument wird von oben nach unten vorgelesen, Aleksander hat nur die Möglichkeit sich mit Hilfe seines Sprachausgabeprogramms Zeile für Zeile durch zu hangeln. Möchte Aleksander jetzt aber direkt zum Beispiel zum Rechnungsbetrag springen, ist das nur möglich wenn das Dokument entsprechend vorbereitet wurde. Wie wichtig die unsichtbare Struktur des Dokuments ist, die übrigens die Grundlage eines barrierefreien Dokuments ist, wird im Video sehr deutlich. Denn damit können unter Anderem bestimmte Informationen gezielt abgerufen werden.
Wie lässt sich ein barrierefreies Dokument erkennen?
Und wie unterscheidet sich ein barrierefreies Dokument von einem nicht-barrierefreien? Barrierefreiheit lässt sich von außen nicht unbedingt sehen, denn das Wesentliche ist für das Auge nicht sichtbar. Die Meldung der Software oder der assistiven Technologie, wie das Dokument ausgewertet wird, ist schon mal der erste Hinweis auf ein barrierefreies Dokument. Maschinenlesbarkeit ist die Kernanforderung und das Fundament für ein barrierefreies PDF. Denn nur wenn alle Informationen zuverlässig und maschinenlesbar zur Verfügung stehen und es möglich ist, sich durch das Dokument zu navigieren und damit zu interagieren, ist es barrierefrei. Der Clou bei den PDF-Dokumenten ist, dass sämtliche Informationen in der unsichtbaren Strukturebene hinterlegt sind, die dann vom Screenreader ausgelesen werden. Damit man sich in den Inhalten des Dokuments zurechtfindet, wird das Layout "sprechend" gemacht. Das Layout sollte so aufgebaut sein, dass man das, was wir optisch wahrnehmen, mithilfe von sogenannten Tags nicht-visuell nachbaut. Dazu ist es wichtig, zwischen relevanten und nicht-relevanten Inhalten zu unterscheiden. Denn wenn die relevanten Inhalte mit den richtigen Tags gekennzeichnet sind und eine ordentliche Struktur gegeben ist, ist es möglich den Inhalt vollständig und in der richtigen Reihenfolge wiederzugeben. Und Screenreader-Nutzer*innen können in dem Dokument springen und an die wichtigen Dinge herankommen. Eben dies ist bei einem nicht-barrierefreien Dokument nicht gegeben.
Wie prüft man ein PDF auf Barrierefreiheit?
Für die unkomplizierte Prüfung auf Barrierefreiheit gibt es axesCheck: eine webbasierte Anwendung. Da kann man unabhängig und schnell PDFs hochladen und auf Barrierefreiheit prüfen. Ein zweites Tool zur Überprüfung der Barrierefreiheit ist der PDF Accessibility Checker, kurz PAC. Mithilfe des PACs lässt sich zusätzlich anhand der Screenreader-Vorschau mit bunten Farben überprüfen, ob alle Inhalte da sind und die Struktur gegeben ist. Man kann also sehen was Screenreader-Nutzer*innen bei Anwendung des PDFs hören würden.
Welche Unternehmen sind Vorreiter?
Vorreiter auf internationaler Ebene sind insbesondere die ganz großen Konzerne wie Amazon, Apple, Google und Microsoft. Das liegt zum einen daran, dass die Gesetzgebung in den USA schon seit Jahren viel strikter ist und dementsprechend große Geldstrafen drohen, wenn die Barrierefreiheit nicht umgesetzt ist, zum anderen würden ihnen sonst wichtige Geschäfte entgehen, wenn die Nutzung der Dienste und Angebote einer großen Anzahl an Menschen gar nicht zugänglich wäre. Die EU hat sich durch den European Accessibilty Act 2025 zum Ziel gesetzt, Nummer Eins zu werden in Sachen Barrierefreiheit und zwar weltweit. Das Gesetz wurde am 22. Juli 2021 veröffentlicht und gilt jetzt schon. Die Deadline für die Umsetzung ist der 28. Juli 2025. Durch klare und einheitliche Standards sollen Produkte und Dienstleistungen inklusiver verfügbar gemacht werden. Welche ersten Schritte kann man als Unternehmen machen, um der Umsetzung der digitalen Barrierefreiheit näher zu kommen? Hilfreich ist es zu schauen, wo in den Kommunikationsabläufen Dokumente vorkommen. Die Frage ist: Haben wir das selbst in der Hand? Mit welcher Software werden Dokumente geschrieben und bearbeitet? Word-Dokumente sind vielen Menschen geläufig und werden häufig eingesetzt. Hier ist ein großer Vorteil, dass sich das Arbeiten mit den Formatvorlagen in Word sehr bezahlt macht, da dann die Struktur im PDF so übernommen werden kann. Wenn in Word sorgfältig gearbeitet wird, ist die Umsetzung zu einem barrierefreien PDF mit axesWord kein großer Arbeitsaufwand mehr.
Das komplette Video
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Unser Fazit
Digitale Barrierefreiheit ist unabdingbar für eine inklusive Gesellschaft und betrifft viele Menschen. Deshalb ist es wichtig dafür zu sorgen, dass Informationen barrierefrei zugänglich sind, damit blinde und sehbehinderte Menschen einen gleichwertigen Zugang haben. Ein barrierefreies PDF unterscheidet sich von einem nicht-barrierefreien PDF im Wesentlichen darin, dass die Nutzer*innen durch das Dokument mithilfe assistiver Technologien navigieren können. Ein weiterer Aspekt: Jede Information wird so ausgewertet und wiedergegeben, wie es für eine sehende Person visuell sichtbar ist. Dafür ist die unsichtbare Struktur eines Dokuments sehr wichtig. Arbeitet man zum Beispiel in Word mit den entsprechenden Formatvorlagen ist eine gute (unsichtbare) Struktur des Dokuments gegeben - mit axesWord trifft das dann auch auf das PDF zu. Durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz 2025 sollen mehr Produkte und Dienstleistungen für eingeschränkte Menschen verfügbar gemacht werden. Darum ist es wichtig, sich jetzt schon mit der Umsetzung von digitaler Barrierefreiheit im eigenen Unternehmen auseinanderzusetzen.