Text: Barrierefreie Online-Präsentationen. Drei Symbole (durchgestrichenes Auge, Barrierefreiheit, durchgestrichenes Ohr) sind durch eine Linie mit einem Laptop verbunden.

Barrierefreie Online-Präsentationen

Rahel Pfeffinger
geschrieben von
Rahel Pfeffinger
veröffentlicht

Mit axesSlide ist das Thema "barrierefreie Präsentationen" in der Vordergrund gerückt. Doch was kann ein*e Referent*in außerdem machen, um die Präsentation so zugänglich wie möglich zu gestalten? In diesem Blogbeitrag zeigen wir, welche Aspekte für eine möglichst barrierefreie Online-Präsentationen auf Zoom beachtet werden müssen.

Kontext

Das Thema der Barrierefreiheit findet auch im wissenschaftlichen Diskurs einen immer größeren Stellenwert. Unsere Autorin Rahel Pfeffinger schrieb deswegen eine Hausarbeit zu dem Thema, inwiefern Online-Präsentationen auf Zoom barrierefrei gestaltet werden können. Videokonferenzmeetings gehören mittlerweile seit einigen Jahren für viele Menschen zum Arbeitsalltag, was die Dringlichkeit des Themas verstärkt. In diesem Blogbeitrag fasst Rahel die Erkenntnisse ihrer Hausarbeit zusammen.

Einleitung

Das Setting einer Online-Präsentation auf Zoom wird stark von der Kommunikationsplattform beeinflusst, auf der Videokonferenzen abgehalten werden. Im Folgenden soll geklärt werden, inwiefern eine Online-Präsentation auf Zoom barrierefrei gestaltet werden kann. Dafür werden sowohl die Funktionen von Zoom betrachtet, als auch ein Fokus auf die präsentierende Person (Referent:in) und die meist mittels PowerPoint erstellte Präsentation und das Handout gelegt. Abschließend werden noch einige Hindernisse zur Barrierefreiheit erläutert, die nur schwer umgangen werden können und daher besonders berücksichtigt werden müssen.

Funktionen von Zoom

Um eine Präsentation, beispielsweise in der Universität, barrierefrei zu gestalten, müssen unter anderem Fragen gestellt werden wie: Ist der Ort auch mit dem Rollstuhl zu erreichen? Analog dazu müssen diese Fragen der Zugänglichkeit auch bei Online-Präsentationen beantwortet werden. Zoom stellt viele Funktionen zur Verfügung, die von der präsentierenden Person und den Rezipient:innen genutzt werden können, um Barrierefreiheit zu fördern. Im Folgenden werden die hierbei hilfreichen Funktionen von Zoom beschrieben. Es ist nicht die Absicht, alle existierenden Funktionen umfassend zu erklären.

Eine große Rolle bei der Barrierefreiheit auf Zoom spielt die Multimodalität. Dieses Phänomen beschreibt zunächst einmal die Kombination mehrerer Modes (mode-linking). Dazu gehören beispielsweise Gestik und Mimik, gesprochene und geschriebene Sprache, bewegte oder statische Bilder, Geräusche und sogar Layout. Jeder Mode besteht dabei aus drei Ebenen: Medium, Zeichen und Sinneskanal. Eine wichtige Grundlage für Barrierefreiheit liefert das Mehr-Kanal-Prinzip. Es beschreibt, dass Informationen mindestens über zwei Wege zugänglich sind, oder Handlungen auf mindestens zwei verschiedene Weisen erledigt werden können. Multimodalität ermöglicht eben dieses Mehr-Kanal-Prinzip. Sie bietet die Möglichkeit, Informationen anhand von verschiedenen Modes und damit auch über verschiedene Sinneskanäle zu vermitteln. Bei Online-Präsentationen können jedoch nicht alle Sinneskanäle angesprochen werden. Dazu später mehr.

Die Multimodalität wird auf Zoom durch verschiedene Funktionen unterstützt, die normale face-to-face-Meetings teilweise gar nicht bieten können. Ein gutes Beispiel dafür sind die Funktionen der Untertitelung und Transkription. Automatische Live-Transkriptionen bietet Zoom als internes Feature bisher nur auf Englisch an. Automatische Live-Transkriptionen auf Deutsch oder anderen Sprachen sind aktuell nur über einen externen Dienst möglich, der in den Live-Stream eingebunden werden muss und so Untertitel erzeugt. Dieser Anbieter muss jedoch auch von Zoom unterstützt werden, wie es beispielsweise bei StreamText und 1CappApp der Fall ist. Für diese Dienste fallen Kosten an, was die Zugänglichkeit einschränken könnte, da eventuell nicht jede präsentierende Person die Mittel hat, um für den Untertitel-Dienst zu bezahlen. Neben der Funktion der automatischen Live-Transkriptionen bietet Zoom auch die manuelle Eingabe von Live-Transkriptionen an. Dies scheint jedoch eher wie eine Notlösung, da eine professionelle Qualität der Untertitel besonders wichtig für die Barrierefreiheit ist. Im Allgemeinen werden Untertitel auf Zoom im Meetingfenster angezeigt. Ihre Größe kann individuell in den Einstellungen angepasst werden. Mit Blick auf die WCAG fördert diese Funktion das Prinzip der Wahrnehmbarkeit.

Auch das Prinzip der Bedienbarkeit wird von Zoom weitestgehend erfüllt: Die meisten Elemente der Meeting-Oberfläche können über die Tastatur bedient werden. Viele Funktionen von Zoom sind dabei über Tastaturkürzel erreichbar. Die Tastenkombination Alt + V beispielsweise startet bzw. stoppt das eigene Video. 

Die Verständlichkeit von Online-Präsentationen kann durch die Funktion der Meetingaufnahme verbessert werden. So können sich alle Teilnehmenden das Meeting im Nachhinein noch einmal in Ruhe anschauen und an gegebenen Stellen pausieren oder die Geschwindigkeit reduzieren. Durch das mehrfache Anschauen oder Anhören bestimmter Szenen, können komplexe Sachverhalte besser verstanden und die jeweiligen Informationen langfristiger eingeprägt werden. Diese Funktion kann nur von dem/der Host:ess des Meetings durchgeführt werden. Meistens ist das der/die Referent:in. 

Er/Sie muss also Kenntnisse über die beschriebenen Funktionen besitzen, um sie anwenden zu können. Besonders im Hinblick auf die Verständlichkeit einer Online-Präsentation ist die präsentierende Person eine ausschlaggebende Größe.

Die Rolle der präsentierenden Person

Bereits in der antiken Rhetorik wurden Stilqualitäten festgehalten, die ein guter Redner befolgen musste und die nach wie vor sehr relevant sind: Kürze (brevitas),  Sprachrichtigkeit (latinitas), Klarheit (perspicuitas) und Angemessenheit (aptum). 

Um die Angemessenheit bewerten zu können, muss der/die Refernt:in sich in die Rezipient:innen hineinphantasieren, um ihre spezifische Strukturdeterminiertheit in der Online-Präsentation zu beachten. Die Barrierefreiheit wird verbessert, wenn die präsentierende Person ihre Präsentation auf ein vielfältiges Publikum anpasst. Insbesondere sollte sie die Multimodalität nutzen und dadurch das Mehr-Kanal-Prinzip wirksam werden lassen.

Weiterhin wird die Barrierefreiheit begünstigt, wenn die Kommunikation mit den Teilnehmenden respektvoll gestaltet wird. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, Menschen nicht einfach ungefragt zu helfen. Das kann sehr übergriffig sein. Hilfreicher sind Rückfragen, ob bisher alles verständlich ist bzw. war. Sie verhindern weitgehend, dass Personen aufgrund des Verständnisverlustes den Anschluss verlieren und inhaltlich nicht mehr folgen können. Außerdem sollten vor dem Beginn der Präsentation (am besten schon während der Vorbereitung) spezielle Bedarfe bei den Rezipient:innen abgefragt werden. Aus Respekt sollte nicht gefragt werden, wer welche Behinderung besitzt, sondern ob irgendeine Person einen bestimmten Bedarf hat, auf den Rücksicht genommen werden sollte. 

Ein weiterer Aspekt, auf den die präsentierende Person über Zoom achten sollte, ist ihre Kameraeinstellung. Für Menschen, die Lippen lesen, ist es beispielsweise wichtig, die Lippen-Bewegungen der sprechenden Person gut erkennen zu können. Der Abstand zur Kamera darf daher nicht zu groß und die Ausleuchtung muss angemessen sein. Auch der Hintergrund im Kamerabild sollte im Vorhinein überdacht werden. Er muss möglichst unauffällig (z.B. weichgezeichnet) sein, damit er nicht von der referierenden Person ablenkt. Auf keinen Fall sollte der Hintergrund animiert sein und Bewegungen oder Blinken enthalten – das kann zu Anfällen führen.

Neben dem technischen Aspekt der angemessenen Kameraeinstellung ist auch eine gute Tonqualität essentiell. Auch an dieser Stelle sind die Kenntnisse des/der Referent:in wichtig. Er/sie sollte wissen, dass in den Einstellungen von Zoom die Tonqualität angepasst werden kann. Die Sensibilität auf Hintergrundgeräusche kann so minimiert werden. Auch wenn selbstverständlich eine an Nebengeräuschen arme Umgebung ratsamer ist, können durch diese Einstellungen eventuelle Nebengeräusche ausgeblendet werden. 

PowerPoint-Präsentationen

Viele Refernt:innen nutzen zur Veranschaulichung des Gesagten eine Präsentationssoftware, die den gesprochenen Inhalt mit unterschiedlichen Folien unterstützt. Sie bieten in Rahmen der Online-Präsentation eine weitere Möglichkeit an, Informationen aus dem Vortrag zu erkennen, verstehen und verarbeiten. Dieser Blogbeitrag bezieht sich auf Microsoft PowerPoint, die im universitären Kontext wahrscheinlich am weitesten verbreitete Präsentationssoftware. Im folgenden Kapitel wird genauer erläutert, inwiefern die gezielte Nutzung von PowerPoint die Barrierefreiheit verbessert. 

In erster Linie wirken PowerPoint-Präsentationen visuell, durch Kombinationen aus Schrift und Bild entsteht bereits ein mode-linking. Auch die Kombination aus Folien und dem Gesagten der referierenden Person erzeugt Multimodalität. Dabei müssen einige Aspekte beachtet werden, welche die Barrierefreiheit der Online-Präsentation verbessern. Viele Richtlinien der WCAG können analog auf das Design der Folien übertragen werden. So ist es beispielsweise wichtig, für einen hohen Kontrast zwischen Vorder- und Hintergrund sowie den einzelnen Elementen auf der Folie zu sorgen und damit unterscheidbare Inhalte zu erzeugen. Die Wahrnehmbarkeit hängt neben den Kontrasten auch stark von der Schriftart und -größe ab. Für eine gute Lesbarkeit eignen sich serifenfreie Schriftarten, wie Arial oder Calibri. Schmuckschriften sollten grundsätzlich vermieden werden. Die Schriftgröße sollte mindestens 18pt betragen.

Ganz nach dem antiken Prinzip brevitas dürfen die einzelnen Folien nicht zu viele Informationen beinhalten, da die Rezipient:innen sonst schnell von den vollen Folien überfordert sind und die Konzentration schwindet. Stattdessen empfiehlt sich, nicht zu viele Folien in der PowerPoint-Präsentation zu erstellen und die wenigen klar und übersichtlich zu gestalten. Wichtig ist dabei die thematische Strukturierung der Inhalte. Am besten wird zu Beginn eine Gliederung gezeigt, die den Rezipient:innen zu verstehen gibt, was sie erwarten können bzw. was auf sie zukommt.

Da PowerPoint-Präsentationen visuell wirken, neigen Leute oft dazu, viele Bilder auf ihren Folien hinzuzufügen. Einerseits mag das für manche Menschen die Veranschaulichung erhöhen und dabei helfen, Aufmerksamkeit zu generieren. Andererseits können z.B. Menschen, die sich nicht komplett auf ihre visuellen Fähigkeiten verlassen können, nichts mit diesen Bildern anfangen. Daher ist es wichtig, keine Schmuckgrafiken zu verwenden, sondern nur Bilder auszusuchen, die auch einen eigenen Inhalt vermitteln. In diesem Fall ist es zwingend erforderlich, dass die referierende Person diese Bilder auf ihren Folien während der Online-Präsentation beschreibt, damit keine Informationen verloren gehen.

Falls der/die Refernt:in sich dafür entscheidet, die PowerPoint-Präsentation im Nachhinein an die Rezipient:innen zu verschicken, ist es besonders wichtig, sie direkt bei der Erstellung barrierefrei zu gestalten. Mit axesSlide können die Präsentationsfolien dann über nur einen Klick in ein barrierefreies PDF umgewandelt werden.

Hindernisse

Nachdem nun alle wichtigen Aspekte mehrerer Parameter im Hinblick auf Barrierefreiheit bei Online-Präsentationen erläutert wurden, müssen in diesem Kapitel noch einige Hindernisse genannt werden, welche nur schwierig bis gar nicht umgangen werden können.

Besonders der Aspekt der Multimodalität hat verdeutlicht, welche Vorteile und Möglichkeiten durch das Mehr-Kanal-Prinzip entstehen. Dennoch gibt es auch einen großen Nachteil: Nicht alle Sinne können über Online-Präsentationen angesprochen werden. Die gustatorische und olfaktorische Wahrnehmung fällt beispielsweise komplett weg. Zwar mögen der Geschmacks- und Geruchssinn im Durchschnitt bei Präsentationen nicht so oft angesprochen bzw. genutzt werden, dennoch muss der/die Referent:in den Wegfall der Sinne beachten. Auch der Tastsinn ist im Vergleich zur face-to-face-Kommunikation stark eingeschränkt. Dies führt zu signifikanten Nachteilen für alle Menschen, die bei der Informationsaufnahme bzw. -verarbeitung zu einem Großteil auf die jeweiligen Sinne angewiesen sind. Bei einer Präsentation über Wildkräuter muss die referierende Person in ihrer strategischen Erstellung der Online-Präsentation beachten, dass die Referent:innen sowohl den Tastsinn als auch den Geschmackssinn nicht einsetzen können. In einer face-to-face-Kommunikation könnte die referierende Person beispielsweise einige Wildkräuter zur Verkostung mitbringen. Das ist bei einer Online-Präsentation nicht möglich.

Als weiteres Hindernis bei barrierefreien Online-Präsentationen muss auch immer die Internetverbindung berücksichtigt werden. Eine stabile Internetverbindung unterstützt die Bild- und Tonqualität. Störungen können u.a. zu einer zeitlich versetzten Ton- und Bildwidergabe führen, was die Zugänglichkeit, Wahrnehmbarkeit und damit auch die Verständlichkeit stark beeinträchtigt. 

Auch das Layout von Zoom verursacht Barrieren. Die Galerieansicht bei Diskussionen oder Gesprächen in großer Gruppe zeigt die einzelnen Videos nur sehr klein. Zwar kann eine einzelne Person auch unter der Sprecher:innenansicht im Vollbildmodus betrachtet werden, dies reicht jedoch in großen Gesprächen nicht aus. Gestik und Mimik von mehreren Personen gleichzeitig können nicht gut erkannt werden, was die Kommunikation für alle Menschen erschwert, die für eine bessere Verständlichkeit auf diese Modes angewiesen sind.

Im Hinblick auf die vorherigen Kapitel lässt sich außerdem zusammenfassend festhalten, dass alle Möglichkeiten zur barrierefreien Gestaltung der Präsentation und des Handouts nichtig sind, sofern der/die Referent:in keine Kenntnisse über diese Möglichkeiten besitzt.

Fazit

Die Komplexität des Themas und auch die Hindernisse haben gezeigt, dass eine allumfassende Barrierefreiheit für alle Menschen mit unterschiedlichen Ausprägungen und Kombinationen von Behinderungen nur sehr schwer bis wahrscheinlich gar nicht vollumfänglich erreichbar ist. Das legitimiert jedoch keinesfalls, sich nicht mit dem Thema auseinanderzusetzten und Barrierefreiheit als Utopie abzuschreiben.

Stattdessen zeigen die hier gewonnenen Erkenntnisse, wie viel auf diesem Gebiet noch geschehen muss – und vielleicht auch, welche Dringlichkeit das Thema Barrierefreiheit auch bei Online-Präsentationen weiterhin besitzt. 

Das könnte dich auch interessieren

Mein Superuser-Feature: axesSlide

Nicola Pridik verwandelt juristische Texte in verständliche Sprache und optisch ansprechende Visualisierungen,…

Artikel lesen

Barrierefreie PDF aus PowerPoint: Checkliste für die Vorbereitung für den PDF-Export mit axesSlide

Diese Checkliste soll dabei helfen, eine Präsentation so vorzubereiten, dass diese mit axesSlide mit wenigen…

Artikel lesen