Ein Buch mit grünem Einband. Auf dem Cover ist das Barrierefreiheitssymbol, einige weitere Symbole sind angedeutet: Diagramm, Kalender, Absolventenhut, Netzwerk. Daneben in Handschrift: Liebes Tagesbuch...

Dear Diary... - wie ich als Praktikantin digitale Barrierefreiheit erlebt habe

geschrieben von
Selin Erle
veröffentlicht

Wie wichtig und vielfältig das Thema digitale Barrierefreiheit ist, hat sich mir erst durch mein Praktikum bei axes4 erschlossen. Doch wo fängt digitale Barrierefreiheit an? Was ist notwendig, um die Umsetzung von digitaler Barrierefreiheit so einfach wie möglich zu gestalten? Und wie profitiert man davon, als Privatperson oder als Unternehmen? 

Fragen über Fragen

Zu Anfang meines Praktikums interessiert mich vor allem die konkrete Umsetzung von digitaler Barrierefreiheit. Denn: Bei axes4 dreht sich alles um barrierefreie Dokumente. Da auf den Webseiten von öffentlichen Einrichtungen und privatwirtschaftlichen Firmen mittlerweile ziemlich viele Dokumente im PDF-Format vorliegen, ist es umso wichtiger gerade hier verlässlichen Zugang zu schaffen. Von digitaler Barrierefreiheit in Form von zugänglicheren Informationen profitieren jedoch wir alle, denn eine Gesellschaft in der eine ganze Nutzergruppe vom digitalen Alltag ausgeschlossen ist, ist keine inklusive und keine gleichwertige Gesellschaft. Aber wie findet diese Umsetzung statt?

Die ersten Schritte

Als Erstes mache ich mich also in der Theorie mit den wichtigsten Begriffen wie beispielsweise "Tags" und "Alternativtexte" vertraut, denn über diese Begriffe stolpert man als Neuling sofort. 

Tags sind für die Erstellung eines barrierefreien Dokuments unerlässlich und sind eigentlich nichts anderes als Etiketten, die in einem Dokument für Struktur sorgen. Da ein Dokument nicht nur aus Fließtext besteht, sondern aus Strukturelementen wie Überschriften, Unterschriften, Aufzählungen, Textabsätzen, Bildern etc. braucht man für jedes einzelne Strukturelement ein Tag. Diese Tags bilden die unsichtbare Struktur des Dokuments, die dann von einer assistiven Technologie wie z.B. von einem Screenreader ausgewertet und wiedergegeben wird. So wird das was für sehende Menschen visuell sichtbar ist, für nicht-sehende Menschen wahrnehmbar gemacht. Tags sind ebenso wichtig für die Navigation durch ein Dokument. Konkrete Informationen abzurufen ohne das komplette Dokument lesen zu müssen, ist nur dann möglich, wenn die Tags den entsprechenden Strukturelementen zugewiesen wurden. So ist es möglich z.B. von Überschrift zu Überschrift zu springen, so wie sehende Menschen Dokumente überfliegen und ganze Kapitel auslassen, wenn ihnen die Überschrift nicht zusagt.
Ob ein Dokument technisch barrierefrei ist, lässt sich von außen erstmal nicht erkennen. Um ein wirklich effizientes barrierefreies Dokument zu gewährleisten, ist es wichtig, dass eben diese unsichtbare Strukturebene verlässlich und komplett angelegt wird.

Alternativtexte sind Bildbeschreibungen, die das Abgebildete auf kurze und prägnante Weise wiedergeben. Ein oft vergessenes Beispiel: Social Media. Für die barrierefreie Nutzung von sozialen Medien sind Alternativtexte sehr wichtig, damit Menschen mit Sehbehinderung an Diskussionen online teilnehmen können. Denn oftmals werden schon auf den Bildern wichtige Impulse gesetzt oder Informationen verfügbar gemacht... der Text dient oft nur zur Aufforderung oder zur kurzen Einordnung des Autors oder der Autorin. 
Natürlich kommen auch in PDF-Dokumenten Abbildungen vor, die mit Alternativtexten unterlegt sein müssen - sei es ein Diagramm in einem Forschungsbericht, ein Bild in einer Bedienungsanleitung oder Landkarten in einer Broschüre.

Was mich überrascht hat

Barrierefreie Dokumente sind unerlässlich, damit Menschen mit Sehbehinderung am Alltag teilnehmen können. Trotzdem hat digitale Barrierefreiheit in vielen Unternehmen und Behörden noch nicht den Stellenwert, der wünschenswert wäre. Auch wenn es im behördlichen Bereich schon Gesetzgebungen gibt, wurden mit Verabschiedung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetz 2025 die Anforderungen an Behörden sowie Unternehmen im privatwirtschaftlichen Bereich verschärft. Die Deadline ist zwar erst im Juni 2025, doch die Richtlinien gelten jetzt schon. 

Nicht nur Betroffene profitieren von digitaler Barrierefreiheit - auch Unternehmen gehen immer als Gewinner hervor, wenn sie sich dem Thema korrekt annehmen. Denn: Von gelebter Inklusion gibt es viele soziale und wirtschaftliche Vorteile. Als Unternehmen signalisiert man damit nicht nur, dass man die eigene soziale Verantwortung ernst nimmt, sondern verhindert auch die Ausgrenzung bestimmter Nutzergruppen am digitalen Alltag und erzielt zugleich eine höhere Reichweite bei Zielgruppen (Kund*innen, Bewerber*innen, und so weiter) – ganz nach dem Motto: Gutes tun ist gut fürs Geschäft.

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