Titel: Aleksander Pavkovic: Was braucht ein Dokument, um mit einem Screenreader lesbar zu sein? Illustration eines Dokuments. Sprechblasen mit dem Text <h1>, <p> und <img> zeigen auf unterschiedliche Elemente im Dokument.

Aleksander Pavkovic, was braucht ein Dokument, um mit einem Screenreader lesbar zu sein?

Rahel Pfeffinger
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Rahel Pfeffinger
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Aleksander ist Digital Accessibility Professional beim BIT-Zentrum München, einer Abteilung des Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbundes. Hörbare Einsichten bei der Screenreader-Nutzung - das ist der Titel seines Vortrags beim axes4 Day 2024. 

Stell dir vor, du sprichst mit einer Person, die noch nie etwas von einem Screenreader gehört hat. Wie würdest du dieser Person erklären, was ein Screenreader ist? 

Mit Personen, die noch nie etwas von einem Screenreader gehört haben, spreche ich sehr oft. Meist sage ich ihnen ungefähr Folgendes: Ein Screenreader ist ein Programm, das auf Tastendruck bestimmte Teile des Bildschirms, Dokumente oder Dokumentteile vorliest und/oder über spezielle Zusatzgeräte, wie beispielweise die Braillezeile, in Braille anzeigt.

Und wie oder wann benutzt du Screenreader im Alltag?

Als vollständig blinde Person kann ich den Computer oder das Smartphone nur nutzen, weil es Screenreader gibt. Ich nutze sie also täglich. 
Nur wenn Dokumente barrierefrei sind, haben Screenreader die Chance, den Text gut zu erkennen und vorzulesen oder in Braille zu präsentieren. Haben Dokumente aber Mängel in Sachen Barrierefreiheit, liefert der Screenreader mangelhafte Ergebnisse, kann Textteile gar nicht vorlesen oder liest sie falsch oder unvollständig.

Tipp: Sei live dabei!

Beim axes4 Day 2024 wird Aleksander zeigen, wie er Dokumente mit dem Screenreader liest. Spoiler: Er kann Dokumente oft schneller "überfliegen" als sehende Menschen... Ihr könnt euch das nicht vorstellen? Seid gespannt!

Hier könnt ihr euch anmelden:
axes4 Day 2024 - Ressourcen & Community - axes4

Was braucht ein Dokument ganz grundlegend, damit es bestmöglich von einem Screenreader wiedergegeben werden kann?

Damit also nun ein Dokument korrekt vom Screenreader erkannt und gelesen wird, muss das Dokument dem Screenreader "mitteilen", um was für Text es sich jeweils handelt, der darin enthalten ist: normaler Fließtext, Überschriften, Aufzählungen oder Nummerierungen, Tabellen, Fußnoten, usw. All diese Bestandteilt des Dokuments müssen mit den richtigen "Werkzeugen" erstellt werden, die jedes Textverarbeitungsprogramm, jedes gute CMS (für Websites) bereitstellen. Bilder brauchen zusätzlich eine Kurzbeschreibung, also einen Alternativtext.

Gab es mal ein Dokument, das du mit deinem Screenreader lesen wolltest und bei dem du schnell gemerkt hast: Das funktioniert überhaupt nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe?

Dass ich ein Dokument herunterlade oder zugeschickt bekomme und es dann nicht oder nur höchstens halbwegs lesen kann, passiert mir sehr oft.

Vor ein paar Monaten schickte ein Kollege einen Zeitschriftenaufsatz in die Runde in den E-Mail-Verteiler eines Gremiums, in dem ich mitarbeite. Er schrieb: „Unbedingte Leseempfehlung, das können wir gut brauchen.“ Tja, es handelte sich leider nicht um ein wirklich digitalisiertes Dokument, sondern der Absender hatte einfach die Seiten aus der gedruckten Ausgabe des Bandes mit der Handy-Kamera fotografiert und diese Bilder in ein PDF gepackt.

Eine hochwertige OCR-Software, also ein "Optisches Zeichenerkennungs-Tool" konnte zwar vergleichsweise gute Ergebnisse liefern, doch Struktur und Lesereihenfolge waren "beim Teufel", es gab keine ansteuerbaren Zwischenüberschriften und ähnliches, und die Bildqualität war auch nur mäßig; deshalb wurde nicht alles im Text fehlerfrei erkannt. So etwas geschieht leider oft.

Wenn du dir eine Sache für die PDF-Barrierefreiheit im Jahr 2024 wünschen könntest, was wäre das?

Die Antwort muss ich zweigeteilt geben: zum einen für die jetzt schon bestehenden oder künftigen, wirklich barrierefreien PDFs, und die andere Hälfte der Antwort ganz generell.

  • Bei den Dokumenten, die barrierefrei sind, wünsche ich mir, dass Screenreader sie endlich auch zügig aufbauen und alles korrekt darstellen. Ein mehrere hundert Seiten großes Dokument, wenn ich es komplett navigierbar darstellen will, löst manchmal einen minutenlangen Vorgang aus, bis es endlich geladen ist. Es ist ein ganz erheblicher Nachteil für Screenreader-Nutzende. Außerdem werden nicht alle Merkmale eines barrierefreien PDFs, z. B. als solches gekennzeichnete Zitatblöcke, von Screenreadern korrekt wiedergegeben. Vielleicht ist daran auch Adobe, der Urheber des PDF-Formats "schuld" und stellt noch nicht wirklich alle nötigen Schnittstellen bereit.
  • Das Hauptproblem mit barrierefreien PDFs aber ist, dass es immer noch zu wenige gibt. 2024 wünsche ich mir eine Vervielfachung: Der Prozentsatz barrierefreier PDFs am Gesamtvolumen muss sich dringend erhöhen. Ganz so schwer ist es ja nicht mehr, solche herzustellen, auch dank axes4-Werkzeugen.

Du meintest, du wünschst dir noch etwas ganz generell?

Ganz allgemein wünsche ich mir, dass barrierefreies Publizieren ein ganz selbstverständlicher Teil jeglicher IT-Lehrpläne wird: Überall da, wo in Schulen jeglicher Art vermittelt wird, wie man z. B. Textverarbeitung betreibt, muss aus meiner Sicht Barrierefreiheit vermittelt werden. Wenn in einer benoteten Arbeit eine Aufgabe zum Beispiel darin besteht, etwas als Überschrift zu kennzeichnen, und die Aufgabe wird durch reine Schriftänderungen (größer, fett/kursiv etc.) gelöst, muss das aus meiner Sicht unbedingt Punktabzug geben. So selbstverständlich, wie man auf IT-Sicherheit achtet, muss auf Barrierefreiheit geachtet werden.

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