Learnings: Web-Seminar zu Well-Tagged PDF und PDF/UA-2

Beginnen wir bei den Basics: Standards sind dafür da, um Regeln für eine bestimmte Gruppe (z.B. deutschlandweit oder international) zu vereinheitlichen. Um aus einem Standard eine Norm zu verabschieden, muss er von einer offiziellen Normungsorganisation veröffentlicht werden. DIN-Normen werden beispielsweise vom Deutschen Institut für Normung veröffentlicht und ISO-Normen von der International Standards Organisation.

PDF/UA ist eine ISO-Norm (ISO 14289-1) und beruht auf dem Standard PDF (ISO 32000) und der darin veröffentlichten PDF-Version 1.7. Das bedeutet, PDF/UA gilt weltweit und legt fest, welche Anforderungen an ein barrierefreies PDF nach PDF 1.7 eingehalten werden müssen.

PDF/UA-2 ist ebenfalls eine ISO-Norm, wurde aber (anders als PDF/UA) noch nicht ins Deutsche übersetzt und ist daher aktuell noch keine DIN-Norm. Außerdem beruht PDF/UA-2 auf dem Standard PDF 2.0 und hat daher nicht den gleichen Grundstandard wie PDF/UA-1. Deshalb sollte /UA-2 auch nicht als Weiterentwicklung von /UA-1 verstanden werden, sondern beide existieren unabhängig voneinander.

Die Idee hinter Well-Tagged PDF ist es, mit Hilfe des Standards ein gut getaggtes PDF zu gestalten. PDF/UA-2 und Well-Tagged PDF wurden fast zeitlich publiziert und sind inhaltlich gesehen eine Art Zwilling. Der Hauptunterschied: PDF/UA-2 ist eine ISO-Norm und Well-Tagged PDF ist weder eine DIN- noch eine ISO-Norm. Well-Tagged PDF wurde also nicht von einer offiziellen Normungsorganisation veröffentlicht, sondern von der PDF Association verfasst und auf ihrer Webseite publiziert.

Das hat konkrete Auswirkungen: PDF/UA-2 kostet als ISO-Norm Geld, um sie zu lesen. Wie lange die offiziellen und bürokratischen Schritte bis zu DIN-Norm brauchen, ist unklar. Well-Tagged PDF hingehen kann kostenfrei auf der Webseite der PDF-Association heruntergeladen werden.

Der Standard ist jedoch sehr technisch geschrieben und hat vor allem Entwickler:innen von Software als Zielgruppe. Die PDF Association arbeitet schon fleißig an einem Matterhorn-Protokoll 2.0 und an einem PDF best Practice Guide. Darin werden dann konkrete und vor allem gut verständliche Anhaltspunkte gelistet sein, wie ihr den Standard entsprechend umsetzen könnt.

In PDF/UA-2 bzw. Well-Tagged PDF gibt eine Vielzahl neuer Tags, die das Erstellen von barrierefreien PDFs erleichtern sollen. Hier ein paar Beispiele:

• Title-Tag: Bisher gab es das Problem, dass nicht eindeutig geregelt wurde, ob der Titel in einem PDF als H1 oder als P (Fließtext) getagged werden sollte. Der Title-Tag räumt dieses Problem aus dem Weg.
• Strong und Em (Emphasis): Inhalte innerhalb von Absätzen können ausgezeichnet werden. Somit kann zum Beispiel eine Fettung oder eine andere Hervorhebung des Fließtextes in den Tagbaum übernommen werden.
• Artifact: Artefakte können nun auch als solche getagged werden und sind somit auch Teil des Tagbaums.
• Aside: Infoboxen, die neben dem Text am Rand der Seite stehen, können nun separat getagged werden. Das Problem, in welcher Reihenfolge der Text in der Infobox in den Strukturbaum eingebaut werden muss, ist damit behoben. Denn der Aside-Tag macht deutlich, wo der Text im Dokument steht.

Aktuell unterstützen der Großteil der Softwares PDF 2.0 noch nicht. In Acrobat können wir z.B. noch kein Dokument als PDF 2.0 öffnen. Solange die Standardsoftware den Standard noch nicht verwerten kann, müssen Autor:innen von barrierefreien PDFs diesen Standard auch nicht umsetzen – denn die ganze Mühe wäre umsonst, wenn kein Programm das Dokument (mit seinen neuen Tags) auslesen könnte.

Aber: Es wird mit Sicherheit kommen, dass Softwares PDF 2.0 verwerten können. Wann es soweit ist und wie ihr dann am besten reagieren könnt, erfahrt ihr immer bei uns im Blog. Wer immer die neuesten Infos bekommen will, sollte unseren Newsletter abonnieren: Link zur Newsletter-Anmeldung.