Dirk Haas von der DRV im Interview zu PDF-Barrierefreiheit und ihren Chancen
Mit Dirk Haas und Thorsten Schröder stellen wir euch heute weitere Speaker von axes4 Day 2025 vor. Die beiden arbeiten bei der Deutschen Rentenversicherung im Bereich der digitalen Barrierefreiheit.
Am 27. März beim axes4 Day werden Dirk Haas und Thorsten Schröder von der Umsetzung der PDF-Barrierefreiheit bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) berichten. Vorab haben wir Dirk Haas gefragt, welche Bedeutung das Mindset bei der flächendeckenden Umsetzung von PDF-Barrierefreiheit hat, welche Tipps er anderen geben würde und vieles mehr.
Was waren die konkreten Aufhänger für die Deutsche Rentenversicherung, sich mit dem Thema PDF-Barrierefreiheit auseinanderzusetzen?
"Die Deutsche Rentenversicherung beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit dem Thema barrierefreie IT. Dabei hat sich herausgestellt, dass die Herausforderung nicht immer im technischen Bereich liegt. Auch wenn die gewählten technischen Produkte in der Lage sind barrierefreie Inhalte zu produzieren, kommt es dann doch immer wieder auf den Ersteller an.
PDF hat sich für Dokumente aufgrund der vereinfachten Möglichkeit des Lesens etabliert. In den Content Management Systemen werden deshalb Inhalte in Form von PDF-Dokumenten zur Verfügung gestellt. Nicht selten werden diese Informationen aus anderen Systemen in Dokumentenform erstellt und es existiert keine technische Schnittstelle zum CMS."
Kannst Du uns einen kleinen Einblick in eine besondere Herausforderung geben, die ihr bei der Umsetzung barrierefreier PDFs bewältigen musstet?
"Die Durchführung von Präsenzschulungen für alle Personen, die Dokumente erstellen, würde enorme Ressourcen erfordern. Daher war es dringend notwendig, alternative Lösungen zu entwickeln. Unser internes WiKi verweist schon auf seiner Startseite auf den eigenen Bereich, der sich mit der Barrierefreiheit beschäftigt. Es muss sichergestellt werden, dass alle notwendigen Informationen zur Verfügung gestellt werden und auch auffindbar sind."
Und welchen Stellenwert haben dabei barrierefreie PDFs?
"Das Thema barrierefreie Dokumente ist ein wichtiger Bestandteil unseres Schulungsangebotes zur Sensibilisierung. Hier werden dann die Grundlagen vermittelt zu Strukturelementen, dem Tag-Baum aber auch der Verwendung der Barrierefreiheitsprüfungen in MS Word, Adobe Professional und dem PAC.
Zur Erstellung von barrierefreien PDF-Dateien aus Word heraus gibt es eine separate Schulung. Diese Schulungsangebote finden sich aktuell auch in den Aus- und Weiterbildungsplänen der Träger der Deutschen Rentenversicherung.
Außerdem haben wir einen eigenen Bereich, der sich nur mit diesem Thema auseinandersetz. Er dient als Prüfinstanz und auch als Informationsstelle für das Thema. Die Beschaffung von Informationen muss den Mitarbeitern erleichtert werden."
Barrierefreiheit wird oft als technische Herausforderung wahrgenommen. Doch welche Bedeutung hat Deiner Meinung nach das Mindset der Beteiligten, insbesondere in einem so großen Projekt wie bei euch?
"Die Erkenntnis, dass Barrierefreiheit kein ausschließliches Thema für Menschen mit einer Einschränkung ist, ist das Fundament all unserer Bemühungen. In all unseren Beratungen, Besprechungen und Schulungen steht die Überzeugungsarbeit an erster Stelle. Wir haben in den Jahren festgestellt, dass hier zu einem überwiegenden Teil nur eine Unwissenheit vorliegt und keine Ablehnung zu dem Thema besteht.
Die Verantwortung für die Barrierefreiheit von Dokumenten liegt aus unserer Sicht beim Ersteller und kann auch nur mit sehr hohem Aufwand delegiert werden. Der Wechsel des Mindset ist aus unserer Sicht keine sehr hohe Barriere, die überwunden werden muss, da der Nutzen für alle leicht zu vermitteln ist. Wichtig ist es hier, mit falschen Vermutungen aufzuräumen – gerade beim Thema: Was bedeutet Barrierefreie IT?“
Welchen Tipp würdest Du Organisationen geben, die noch am Anfang ihrer Inklusionsreise stehen?
"Den Entscheidern muss zunächst vermittelt werden, dass sich aus der Herstellung von Barrierefreiheit mehr als nur die Erfüllung gesetzlicher Regelungen ergibt: SEO, Effizienzsteigerungen, die Zufriedenheit der Mitarbeiter und einige andere Effekte der Barrierefreiheit stellen ein wichtiges Gut in Zeiten des Fachkräftemangels und des demografischen Wandels dar. Diese sollten im Vordergrund stehen.
Danach steht eine Bestimmung des aktuellen Grades der Barrierefreiheit im Unternehmen an und anschließend eine realistische Planung zu Umsetzungsschritten."
Wo siehst Du denn aktuell die größten Chancen für digitale Inklusion und welche Entwicklungen im digitalen Bereich machen Dir Hoffnung auf eine inklusivere Zukunft?
"Es etablieren sich immer mehr technische Möglichkeiten, die Probleme bei der Nutzung kompensieren können. KI ist dann hier nur ein Teil der Möglichkeiten.
Durch diese Veränderungen werden Menschen endlich in die Lage versetzt, ihr Potential vollständig zu nutzen. Die Technik ist dann nicht mehr der Hinderungsgrund, sondern es werden Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt, die den Aspekt einer evtl. Behinderung vollständig in den Hintergrund stellen.
Die Entscheidung, ob eine Person für eine bestimmte Position geeignet ist, sollte nur noch an den fachlichen und sozialen Fähigkeiten gemessen werden."
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